Direkt zum Hauptbereich

Ein Anfang. #1 - 02.07.2021.

Hier sitze ich. Ich hatte ganz vergessen, wie ich einen Blog erstellen kann. In den letzten Jahren hatte ich einige immer mal für ein paar Wochen und dann doch wieder gelöscht. Ich bin von Anbieter zu Anbieter gesprungen.

Aber nun komme ich auf den Anbieter zurück, mit dem ich es angefangen hatte. Blogger.com.
Hier habe ich vor einigen Jahren viele Kontakte gefunden, die mich eine Zeit lang begleitet hatten. Hier habe ich Verständnis für meine Situation, meine Gefühle, erhalten. Hier durfte ich "ICH" sein.

Doch wer bin "ICH" eigentlich?
Ganz genau weiß ich das nicht. Aber ich glaube auch nicht, dass ich das wissen muss. Ich bin sowieso der Meinung, dass das Leben ein Wandel ist. Kein Moment gleicht dem anderen. Und so verändere auch ich mich.
Dennoch möchte ich ein paar "Fakten" nennen, um einen groben Überblick zu schaffen.

Ich bin weiblich und 19 Jahre alt. Dazu muss ich anmerken, dass ich derzeit gar kein Gefühl für "Alter" habe. Als ich jünger war, habe ich mich immer älter gefühlt. Als ich 16-17 war, war das Gefühl relativ passend und nun fühle ich mich jünger als es auf dem Papier steht. Das verwirrt mich. Ich hatte immer als Ziel, 18 Jahre alt zu werden. Beziehungsweise, mir dann alles zu erkämpfen, was mir zusteht. "MEIN" Leben zu führen. Und nun ist das auch schon fast wieder 1,5 Jahre her. Ein wenig habe ich dadurch auch den Fokus verloren. Diese Zahl "18" hat mich gedanklich viele Jahre beschäftigt und nun ist es einfach "abgehakt".

Damals, als ich immer mal ein wenig gebloggt habe, ging es viel um die Essstörung. Allerdings in einer verherrlichenden Form. Ich hatte etwas, womit ich mich ablenken konnte. Ich hatte Menschen um mich herum, die mich "unterstützt" haben. Ich glaube, ich wollte damit einfach jemanden bei mir haben.
Im Nachhinein kann ich es nicht mehr nachvollziehen. Ich habe in den letzten Jahren viel dazugelernt. Habe viel über mich erfahren, über meine Auslöser, aber auch die aufrechterhaltenden Faktoren. Diese Erkrankung ist wirklich nichts mehr, was ich jemandem wünschen würde und ich bin immer mal wieder traurig darüber, dass ich betroffen bin.

Die Essstörung ist soweit aber auch immer "nur" ein Symptom gewesen. Daher hatte ich sehr lange auch keine Diagnose. Andererseits habe ich es auch lange verschwiegen, war nicht offen. Ich wollte dieses "Mittel" einfach nicht verlieren. Es war einfach "meins". Mein Geheimnis, "mein Leben", endlich hatte ich etwas in der Hand.
Aber von welcher Essstörung spreche ich überhaupt? Das ist mir gar nicht unbedingt so klar. Mittlerweile habe ich die Diagnose Binge Eating. Ich befinde mich auch in einer Ernährungstherapie, in der ich viel lerne. Davor hatte ich aber auch sehr restriktive Zeiten oder welche mit vielen Essanfällen mit anschließendem Erbrechen. Überkompensation durch Sport kam teilweise auch hinzu oder einfach so erbrechen, ohne einen Essanfall. Es war immer ein Durcheinander, mein Gewicht schwankte auch stark. Es hatte immer eine Funktion. Druck ablassen, Rebellion, Ablenkung, Gefühle unterdrücken, etwas spüren, Belohnung, Bestrafung...
Gib mir eine zufällige Situation und ich kann dir eine Lösung nennen, wie mein essgestörter Kopf damit umgegangen wäre.

Nun. Die Essstörung war immer ein Symptom, aber das Hauptthema innerhalb meiner Blogs. 
Diesen Fokus möchte ich nun ändern. Was die "Grunddiagnose" ist, kann ich gar nicht richtig benennen. Es geht auf jeden Fall in die Richtung Trauma/Depressionen. Und daraus resultierten dann Ängste, Zwänge, Dissoziationen, autoaggressives Verhalten.
Ich will wieder eine Therapie anfangen und nutze derzeit die Probesitzungen. Mir wurde dabei gesagt, man hätte mit mir "Diagnoselotto" gespielt. Teilweise wurden mir auch Diagnosen gegeben wie "Borderline". Ich glaube, es war schwer, mit mir umzugehen und ich war ein Rätsel für viele Menschen. Ich nehme die meisten Diagnosen nicht mehr ernst. Mir ist nur wichtig, dass ich einen Weg finde, mein Leben besser zu gestalten. Dass ich weiß, was mir hilft. Aber auch weiß, wo ich eben ansetzen muss, wo meine "Achillesferse" sitzt. Und es gibt auch noch einiges aufzuarbeiten.
Ich denke, dass ich darüber auch hier im Blog berichten werde. Immerhin ist die Arbeit an mir ein großer Bestandteil meines Lebens. Ich habe Ziele, aber die kann ich nicht erreichen, wenn ich instabil bin.

Die Arbeit an mir selbst, aber auch meine Probleme, lassen sich sehr gut an meinem Alltag erkennen. So besuche ich eine Fernschule und hole meinen Schulabschluss nach, weil ich es vor Ort an Regelschulen nie richtig geschafft habe. Das letzte mal "normal" zur Schule gegangen bin ich vor über 7 Jahren. Die Fernschule gibt mir die Möglichkeit, mir meine Zeit selbst einzuteilen. Ich kann mir an schweren Tagen frei nehmen, an guten Tagen dafür mehr arbeiten. Neben dieser Flexibilität ist es aber auch enorm anstrengend. Ich muss mich immer wieder aufs Neue motivieren. Ich muss immer wieder anfangen. Jeden Tag, immer wieder. Ich habe keine Klasse um mich herum. Ich habe niemanden, den ich kenne, der in der selben Lage ist. Manchmal fühle ich mich dadurch sehr einsam. Ich sehe auch, dass viele in meinem Alter schon angefangen haben zu studieren. Das gibt mir immer einen Stich ins Herz, weil ich einfach noch nicht soweit bin.

Neben der Fernschule habe ich auch noch eine ambulante Jugendhilfe laufen. Eine Einzelfallhilfe. Ich habe bis zu 4 Stunden in der Woche, in der ich mich mit ihr treffe. Es ist eine Frau, sie ist unheimlich nett und aufmerksam. Ich fahre immer zu ihr ins Büro, einmal die Woche. Und dann gehen wir Situationen an, die mir Angst machen und welche mich stressen. Damit es mir immer leichter fällt, mich meinen Ängsten zu stellen. Wir arbeiten auch an einer Wochenstruktur, damit ich nicht ständig in ein Loch falle. Denn wie schon geschrieben, ich habe eine freie Zeiteinteilung.
Ein auch sehr zentrales Thema hier ist die Selbstakzeptanz. Da lerne ich, zu meinen Gefühlen zu stehen, meine Meinung zu sagen, Entscheidungen zu treffen. Aber auch meinem Körper liebevoller gegenüber zu werden, mein Leben zu schätzen.
Vor dieser Person hatte ich noch jemand anderen, aber die wurde krank und war immer für Wochen oder Monate weg. Ich kann nur von Glück sprechen, die neue Person erhalten zu haben. Wir machen wirklich viel, es ist intensiv, aber eben auch effektiv. Da wundere ich mich manchmal, was eine Sozialarbeiterin mehr kann innerhalb von ein paar Wochen, was Therapeuten über Monate und Jahre teils nicht vermittelt bekommen haben.
Aber vielleicht liegt es auch wirklich daran, dass ich immer mehr merke: Es ist mein Leben. Ich entscheide darüber.


So, das war jetzt insgesamt wenig zu meiner Person, denke ich. Denn das fällt mir tatsächlich schwer. Ich weiß zum Beispiel, dass ich sehr Werte-orientiert bin. Ich habe eine Vorstellung davon, wie ich sein möchte. Mir liegt Ehrlichkeit sehr am Herzen. Aber die Menschenwürde steht ganz oben bei mir. Ich habe mich im Rahmen der Schule intensiver damit beschäftigt und da habe ich gemerkt: Ich will doch einfach nur "leben". Es ist einfach unfair, wie viel Unrecht einigen Menschen geschieht. 
Ich möchte auch das geben, was ich teils nie erleben durfte. Diese "Nächstenliebe". Ich bin generell darum bemüht, die Welt zu einer "besseren Welt" zu machen. Ich habe aber auch oft "Weltschmerzen". Kann nicht nachvollziehen, nicht verstehen, warum es so viel "Böses" gibt. Das macht mich sehr traurig. Aber immerhin bin ich bemüht. Mein "Motto" lautet in etwa "Die Freiheit des einen endet mit der Freiheit des anderen". Ich habe nicht das Recht, jemanden zu verletzen, egal ob emotional oder physisch. Ich habe nicht das Recht, eingreifende Entscheidungen über das Leben anderer zu treffen. Und selbst wenn sich das nicht vermeiden lässt, dann sollte eben darüber ausgetauscht werden.

An Charakterbeschreibungen höre ich oft "intelligent, kreativ, chaotisch, offen, ruhig, ehrlich, geduldig, stur..." Ich weiß das gerade alles gar nicht mal so richtig. Ich empfinde mich nicht als arg intelligent oder kreativ zum Beispiel. Ich weiß nur, dass ich mich gedanklich schnell mal verrennen kann. Schnell wild assoziiere, gar nicht richtig hinterherkomme. Chaotisch bin ich tatsächlich. Ich glaube, ich spiegle damit auch mein Inneres, trage es nach außen. Offen versuche ich so gut es geht zu sein, ich will nicht vorschnell urteilen. Genauso will ich auch nicht lügen, sondern meine Standpunkte nach außen tragen. Als geduldig empfinde ich mich zum Beispiel gar nicht unbedingt, eher im Gegenteil. Ich versuche es nur nicht so arg zu zeigen, weil mich Ungeduld bei anderen eher stört. Und stur; wenn ich einmal eine feste Meinung habe oder ein Gefühl, dann... verrenne ich mich schnell darin. Habe Angst, mich zu verlieren, wenn ich dann nicht dabei bleibe.
Ich werde auf jeden Fall noch ein wenig mehr nachdenken. Aber wenn du das hier so liest; was fällt dir ein? Wie wirke ich auf dich? Das find ich immer sehr spannend.

Und nun noch typisch Steckbrief: Meine Freizeit.
Ich höre gerne Musik, vor allem elektronisch. Das kann Techno und Trance aus den 90-ern sein, aber auch Electro-Pop zum Beispiel. Ich höre auch Dubstep und Musikrichtungen, die sich davon "ableiten" lassen. Dazu mache ich auch selbst Musik. Ich spiele zum einen Klavier, nehme dort Unterricht. Ich möchte die Musiktheorie verstehen. Zum anderen produziere ich selbst elektronische Musik. Irgendwo ist da der Wunsch in mir, dass es beruflich in diese Richtung geht. Aber wie? Das weiß ich noch gar nicht. Ich müsste wohl irgendwas in Richtung Tontechnik studieren.
Ich besitze Hardwaresynthesizer, 2 Stück, aber ich mache das meiste am Computer. Das macht Spaß, ich probiere gerne aus. Für mich ist Klang ein wenig wie tolle Bilder mit den Ohren wahrnehmen. Es ist immer irgendwie eine Geschichte, eine Entwicklung.
Bezüglich Bild, ich fotografiere gerne. Meist mit sehr extremen Einstellungen, welche die Farben stark verändern. Oder Nahaufnahmen, welche winzige Details in den Vordergrund rücken. Man gar nicht mehr richtig weiß, wozu es genau gehört? Auch hier ist es immer eine Art Geschichte.
Also vielleicht bin ich ja doch kreativ. Aber es ist eher die Art, wie ich wahrnehme. Nicht die Art, wie ich Dinge ausdrücke.



Ich mache mal an diesem Punkt Schluss. Ich tippe zwar schnell, aber es braucht doch so seine Zeit. Und wenn ich jetzt nicht aufhöre, dann werde ich gedanklich nie zu einem Ende kommen.
Vielleicht finden sich hier ja wieder Kontakte. Wer weiß? Ansonsten will ich es einfach als eine Art "Journal" nutzen. Mich ausdrücken, aber auch "On Track" bleiben. Gesund werden. Irgendwie halt. 

Das war es also erstmal,
eure Sunshine.

Kommentare

Lucia Lilly hat gesagt…
Wie toll, dass du dich für einen neuen Blog entschieden hast! *_* ich freue mich wirklich gerade sehr darüber. Ich glaube, ich möchte auch gleich wieder einen Post schreiben. :D

Das mit dem 18-Werden hatte ich auch. Es war lange das Ziel, DER Ausweg - und dann folgte so eine unendliche Leere. Frei, aber die Probleme, die Vergangenheit sind nicht auf einmal einfach weg. Heute bin ich 27. Und ich habe immer wieder neue Ziele gefunden. Zuerst das Studium abschließen. Danach kam wieder so eine Leere (vielleicht ist das einfach so). Dann einen Job finden, dann wieder Leere und in diesem Job nicht glücklich sein. Und schließlich bin ich wieder einen neuen Weg gegangen, hab mich selbstständig gemacht. Und merke immer mehr, dass ich mein Ziel immer wieder neu ausrichten oder mich verändern darf. Und sowieso: dass es immer weitergeht. Egal, wie beängstigend oder fremd oder ungewiss die Zukunft scheinen mag...

Krass, was du mit der Therapie und den Diagnosen alles so erlebt hast... Aber gut, dass du so eine tolle Einzelfallbetreuerin hast! Das ist super wichtig. Ich bin ja mit 18 aus der Jugendhilfe in meine eigene Wohnung gezogen und hatte nur noch 3 Monate jemanden. Hätte aber auch mehr Unterstützung brauchen können..

Ich finde deine Vorstellung auf jeden Fall sehr spannend, Und ich freu mich, dass du jetzt hier bist und wieder bloggst. :)
Rain hat gesagt…
Hey, ich bin gerade über deinen Blog gestolpert und muss sagen, dass ich mich in vielen Dingen, die du schreibst, wiedererkenne. Bloß war ich mit 19 noch nicht so reflektiert wie du es bist, sondern war munter dabei, mein Leben kaputtzumachen. Ich habe sehr viel Zeit gebraucht, mit Anfang 20 zum Beispiel erst meine Ausbildung angefangen. Was ich sagen will - du hast alle Zeit der Welt. Deinen Schulabschluss zu machen, und dir in Ruhe zu überlegen, was danach kommen soll. Und ich glaube daran, dass du das alles schaffen kannst - auch das mit dem Gesund werden. Liebe Grüße, Ria
Sunshine hat gesagt…
Liebe Ria!

Vielen Dank für deinen Kommentar! Schön, dass ich auch von dir eine Antwort finde.

Das mit dem Reflektieren; da werde ich in Zukunft sicherlich noch etwas im Blog schreiben. Es ist Fluch und Segen zugleich.
Derzeit ist alles zB eher "holprig"; ich kann die Ursachen beschreiben, aufrecht erhaltende Faktoren, usw.
Und dennoch "ist es eben so". Da wünsche ich mir doch etwas meine Naivität zurück. Das "Nicht-Wissen" um die Destruktivität oder von Lösungswegen.

Ja, es fällt mir ziemlich schwer, mir einzugestehen, dass ich noch alle Zeit der Welt habe. Gleichzeitig tut es gut, das zu hören!
Umso schöner auch, dass du dort auch irgendwie "deinen Weg" findest.

Liebe Grüße,
Sunshine
Sunshine hat gesagt…
Herjeminnee (wie schreibt man das richtig
? ;) )!
Ich drücke ständig auf Löschen statt veröffentlichen und schreib meine Antwort nun sicherlich das 3. Mal schon. Ich sollte mir wirklich das Schreiben in Wort wieder angewöhnen oder zumindest in den Notizen.

Ich muss ja zugeben, Schande über mein Haupt!
Ich hatte eingestellt, dass jeder Kommentar erst einmal freigegeben werden muss. Aber dann gar nicht mehr in die Kommentar-Sektion auf Blogger.com geschaut. Ich hatte irgendwie im Kopf, dass sich das auch über die App einsehen lässt.

Das mit der Leere, das lese ich öfter... Irgendwie traurig, dass es auch dir so widerfahren ist. So schade, wenn plötzlich der Fokus im Leben fehlt, das Ziel. Gleichzeitig klingt es so, als würdest du irgendwie deinen Weg gehen, dich da langschlängeln... Hm, keine Hauptstraße? Dann mach ich mir eben einen Trampelpfad.
Vielleicht gehe ich noch in einem Post darauf ein: Ich suche nach einem Ziel, das sich gar nicht zu 100% erreichen lässt. Weshalb? Damit ich immer ein Lebensziel habe. Irgendwie sowas wie "glücklich werden". Da sich die Definition sicherlich sehr oft ändern wird, könnte das echt etwas sein. Es muss eben nur mit Inhalt gefüllt werden.

Was die Hilfe und die fehlende Begleitung angeht: ich hatte davon gelesen und es hatte mich sehr traurig gemacht.
Eine Seele braucht eben Zeit zum Heilen und dazu eben oft einen Wegweiser, ein Licht, einen Weg, eine führende Hand.
Umso mehr freut es mich, dass du es "bis heute" geschafft hast!! Das gibt mir auch Mut.

Ich freue mich übrigens enorm, dass ich dich wieder etwas zum Bloggen animieren konnte. Ich war noch nie die hyperaktive Person auf Blogs; daher irgendwie umso schöner.

Nun schick ich mal die Antwort ab und schaue auf deinem Blog vorbei;
Sunshine