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tick, tock, goes the clock #4 - 12.10.2024

Ich bin eher durch Zufall wieder auf diesen Blog gestoßen.
Mittlerweile neigt sich 2024 dem Ende, ich bin 22 Jahre alt.

Um mein Leben seit dem letzten Post zusammenzufassen:
Ich habe 6 Monate lang in einer stationären Jugendhilfe gelebt, hatte einen Bandscheibenvorfall, bin wieder zurück zu meinen Eltern gezogen.
Bald darauf eine Art Affäre mit einem damaligen Mitbewohner, hielt aber nur einen Monat. Ich hatte Gefühle für ihn, er nicht für mich und glaubt mir, eine F+ bricht einem dann das Herz.

2023 bestand vor allem aus Klinikaufenthalten, viel SVV, zu Hause gings für mich nicht weiter, ich habe mir Freiheit gewünscht, aber die Akutstationen waren auch keine Lösung.

Im Herbst dann die Erlösung: Betreutes Wohnen.
Eigene Wohnung, die Pflichten und Freiheiten, die ich mir immer gewünscht habe!
10 Monate habe ich dort gelebt. Ich wünschte, es hätte länger angehalten. Ich habe Freunde gefunden, habe mich endlich wieder zugehörig gefühlt.

Letztendlich ging es wieder zurück zu meinen Eltern. Ich wurde fristlos gekündigt, es standen Vorwürfe im Raum, die ich nicht entkräften konnte (Aussage gegen Aussage).

Seitdem ist wieder Land unter. Nach 7 Jahren bin ich rückfällig geworden in meiner Benzodiazepin-Abhängigkeit und seit dem Auszug verbinge ich meine Zeit fast nur auf der Geschlossenen oder im allgemeinen Krankenhaus, meistens Intensivstation.

Mein Lebenstraum war mir geplatzt - ich hatte (fast) alles, auf das ich lange hingearbeitet habe und auf einmal wurde es mir von heute auf morgen entrissen.
Haushalt, Schule, Freunde, Hobbies, Familie... sogar einem Ehrenamt bin ich nachgegangen.
Es war nicht perfekt, das möchte ich nicht sagen und bestimmt rede ich mit nun rückblickend auch einiges schön.

Nun steht an, wieder Fuß zu fassen. Wie geht es weiter? Wer würde die Kosten übernehmen, sollte mich ein anderer Träger akzeptieren? Wie lange sind die Wartezeiten? Was sind die Voraussetzungen, um überhaupt in ein neues BeWo aufgenommen zu werden?
Wie werde ich bis dahin stabil genug?

Der Titel des heutigen Eintrags spricht meine Gefühle aus. Es scheint mir, als verpasse ich Möglichkeiten und wenn ich mich nicht beeile, dann sind sie vergangen.
Zudem ich auch Angst habe. Was ist, wenn ich wieder alles verliere? Was gibt mir Sicherheit? Gibt es überhaupt Sicherheit? Worauf kann ich mich verlassen. Kann ich mich denn auf mich selbst verlassen?

Es ist sehr wirr in mir und ich wünschte, ich könnte bisschen Ordnung reinbringen. Gleichzeitig bin ich eine Heldin im Überanalysieren und meine Gefühle zu intellektualisieren (wow, solch gehobene Sprache 🤓).
Mittelweg finden ist weiterhin schwierig für mich. Borderline sei Dank, auch wenn ich mich gar nicht mehr so gerne über meine Diagnose(n) definieren möchte.

Neu kam hinzu, dass meine Essstörung nun teilweise auch als "ARFID" erkannt wurde. Ich finde gerade den entsprechenden Eintrag im ICD-11 nicht, aber ggf. werde ich ihn bei Zeiten verlinken.
Das erklärt zumindest meine über Jahre einseitige Ernährung und all meine "Regeln" und "Eigenheiten", die aber nicht immer mit Gewicht, Aussehen etc. zu tun hatten.
Stand jetzt würde ich sogar behaupten, ist letzteres eine der geringeren Faktoren, die mein gestörtes Verhältnis zur Nahrungsaufnahme aufrecht erhalten.

Edit: hier der Link zum ICD-11.
Auf Englisch, aber gibt ja genügend Tools zum Übersetzen heutzutage *hust, ChatGPT*:


Körperlich habe ich mich in Mitleidenschaft gezogen durch mein SV, die Essstörung, generell aber auch Vernachlässigung meiner Bedürfnisse.
Nach dem Bandscheibenvorfall war ich sehr fit, habe Krafttraining gemacht, hat mir Freude bereitet. Das ist so ein Ziel, welches ich wieder erreichen möchte. Körperlich fit genug zu sein, um mein Leben komplett auskosten zu können. Die Schlappheit ist anstrengend.


Im Dezember stehen mal wieder meine Abschlussprüfungen an. Ich weiß nicht, wie oft ich mich schon vor ihnen gedrückt und einen Rückzieher gemacht habe.
Jetzt müsste ich "eigentlich nur lernen". Aber diese Motivation und auch Energie für aufzubringen, mir diese Struktur zu schaffen - eine Herausforderung.
Trotzdem bin ich am zuversichtlichsten seit langem, dass ich diesmal wirklich die Prüfungen antrete.

Denn was ist ein Leben ohne Ziele?
Ich will nicht so hochstaplerisch klingen, denn das letzte über das ich schreiben könnte, ist großer Erfolg im Leben. Wobei ja jeder selbst für sich entscheiden sollte, was Erfolg ist und was nicht.
Nun. Ich habe gelernt, dass Gefühle ihre Zeit brauchen, um sich der Situation anzupassen. Über Monate hinweg kam mir meine eigene Wohnung fremd vor und ich dachte "Mensch, eigentlich müsstest du doch glücklich sein". Ich war es nicht. Das kam erst nach und nach.

Daher hoffe ich einfach, dass sich diese Art Routine oder Sicherheit auch wieder einstellt, sofern ich dranbleibe.
Ich habe in meinen Entwürfen einen Post gesehen mit dem Titel "Über(winde) die Angst" und finde, der passt gut.

Dieses tick, tock, tick, tock... wie aus Horrorfilmen. Fühle mich ein bisschen wie im Hamsterrad gefangen. Und dann erstarre ich wieder und weiß nicht wo hinten und vorne ist.
Kleine Schritte, richtig?

Eure Sunshine

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